Tom Wohlfarth

›Genie in der Kunst des Lebens‹

Geschichte eines Goetheschen Gedankens

»Was in jeder Kunst das Genie ist, hat sie in der Kunst des Lebens.« So schreibt Goethe im März 1781 über Johanna von Werthern-Neunheiligen. Diese Verbindung von Geniebegriff und dem Konzept Lebenskunst kommt in der Geistesgeschichte vor diesem Satz Goethes nicht, und auch nach ihm nur äußerst selten vor – und das, obwohl beide Begriffe im philosophischen Diskurs der Neuzeit eine wichtige Rolle spielen und ihre Verbindung nahezuliegen scheint. Was steht ihr also entgegen?
Die interdisziplinäre Studie sucht eine Antwort auf diese Frage in der Begriffsgeschichte von Genie und Lebenskunst und ihren Bezügen seit der Antike sowie in Auseinandersetzung mit Goethes Werk, besonders den Wilhelm Meister-Romanen. Sie zeichnet aber auch die Wirkungsgeschichte von Goethes singulärer Konzeption nach, die die Ästhetik hin zur Gesellschaftstheorie öffnet, von der Romantik bis in die Gegenwart, von der Philosophie bis zur Psychologie.
Dabei werden zum einen vielfache Verbindungen zwischen den ansonsten weitgehend getrennten Diskursverläufen von Genie und Lebenskunst offengelegt. Zum anderen zeigt sich eine begriffliche Spannung in der Rede von ›Genie in der Kunst des Lebens‹ als möglicher Grund für ihre Vermeidung, allerdings ohne dass der Gedanke selbst aufgegeben wird. Diese konzeptionelle Spannung liegt auch schon im Geniebegriff allein: Es ist die Spannung zwischen Individualität und Pluralität, zwischen Elitarismus und Egalitarismus. Es geht also um die Frage, wie eine Gesellschaft zugleich plural und egalitär, und wie in einer egalitären Gesellschaft zugleich jeder einzigartig sein kann.

  • ISBN: 978-3-86525-436-8
  • 152 Seiten
  • Broschur
  • Am 21.11.2014 erschienen
  • Deutsch
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