Im 19. Jahrhundert – dem Jahrhundert der Durchsetzung der jüdischen Emanzipation im deutschsprachigen Raum – ist die forcierte Herausbildung und Etablierung einer deutsch-jüdischen Kunstpraxis zu beobachten. Diese Kunstpraxis schließt sowohl das Hervortreten einzelner jüdischer Künstler – und einiger Künstlerinnen – ein, als auch Ausstellungsprojekte mit so programmatischen Titeln wie »Jüdische Kunst« oder »Jüdische Künstler«. Ziel der vorliegenden Publikation ist es, in Form von exemplarischen Fall-
studien, den Blick auf das »Ganze« zu richten und das Projekt einer »Jüdischen Moderne in den Bildkünsten« in seinen verschiedenen Positionierungen sichtbar zu machen. Nicht beabsichtigt ist die Dokumentation oder Rekonstruktion einer »Jüdischen Kunst«, sondern die Problematisierung dieser Konstruktion im Sinne ihrer Bedingtheiten durch die politische wie kulturpolitische Agenda einerseits des Antisemitismus und andererseits der Emanzipations- und Akkulturationsgeschichte des Judentums. Gerade auf dem Gebiet der Kunst ging es um die »Erfindung« eines neuen, künstlerisch tätigen und kulturschaffenden Judentums, das sich aus den ökonomischen, sozialen und kulturellen Begrenztheiten der Vergangenheit endgültig befreit. Ziel der in der Studie zusammengestellten Einzelstudien ist es, jenseits der dichotomen Struktur von jüdisch/nicht-jüdisch, das Entstehen einer »dritten Sphäre« der Etablierung einer selbstbewussten »Jüdischen Moderne in den Bildkünsten« sichtbar zu machen.