Kulturgeschichte

Thorsten Voß

»Drumherum geschrieben?«

Zur Funktion auktorialer Paratexte für die Inszenierung von Autorschaft um 1800

Wenn auch noch nicht so intermedial ausgefeilt wie eine große Literaturausstellung oder ein Fernsehinterview, ist der auktoriale Paratext um 1800, vor allem in seiner epitextuellen Variante, ein Ausstellungsverfahren gegenüber der kulturellen Öffentlichkeit, ist also auf Wahrnehmung und Diskussion ausgerichtet. Paratextuelle Kommunikation findet im literarischen Feld statt. Sie ist diesem inskribiert und gestaltet es mit.
Die an diese Textform gebundenen Deiktika gehorchen einer Strategie der Aufmerksamkeitsproduktion, die für die Kultivierung von Distinktion und symbolischem Kapital unerlässlich ist. Das erklärt auch die Neigung mancher Schriftsteller des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts zur auktorial epitextuellen Publikation, ganz gleich ob diese nun vorab, begleitend oder nach der Buchveröffentlichung erfolgt. Sie bildet oft den Zeigefinger, mit dem nachdrücklich auf das Objekt Text hingewiesen wird.
Die Geburt der Kunst erfolgt dabei zwar vermehrt aus dem Geist der Ökonomie und der Praktiken des literarischen Feldes und setzt sich damit als eine Amalgamierung aus unterschiedlichen Diskursen zusammen. Zugleich hat der Autor aber auch Anteil an der Gestaltung und ist Segment von ihr – und das auf eine recht reflektierte Weise, wie es unter anderem die Fallbeispiele Wezel, Jean Paul oder Schiller dokumentieren. Dieser Einbindung in derartige Prozessualitäten und Diskursivitäten sind sich die Autoren bewusst. So lassen sich unterschiedliche Äußerungen in epitextueller und peritextueller Hinsicht auch als Versuche der auktorialen Selbstbehauptung von Text und Künstler unter den medialen Gegebenheiten nicht leugnen. Aus der zunehmenden Bewusstwerdung Teil eines komplexen Kommunikationsprozesses zu sein, erwachsen neue kreative Modi der paratextuellen Gestaltung und der bewusst vollzogenen Einflussnahme innerhalb des literarischen Feldes. Daher sind Paratexte auch nicht nur literarischen Einzelwerken vorangestellt. Allzu oft begleiten sie auch ganze Schaffensperioden, ein Gesamtwerk oder eine komplette poetologische Position und erfüllen damit selbst die Funktion der Propagierung einer ästhetiktheoretischen Konzeption. Die Einsatzgebiete der auktorialen Paratexte sind daher vielfältig und ihre Erscheinungsform vielgestaltig. Ihnen spürt die Publikation exemplarisch nach.

»Voß’ Untersuchung gewährt mit den skizzierten Ergebnissen Einblicke in den hohen inszenatorischen und strategischen Gehalt paratextueller Publikationen des späten 18. und frühen 19. Jahrhunderts und zeichnet nach, wie die Autoren mit und in diesen Texten überhaupt erst als Autor Gestalt gewannen.«

Inga Stürmann, Das achtzehnte Jahrhundert 44 (2020) H. 2, S. 259.
  • ISBN: 978-3-86525-642-3
  • 288 Seiten
  • Broschur
  • Am 02.04.2019 erschienen
  • Deutsch
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