Literaturwissenschaft

Hrsg. von Sven Hanuschek / Dorothee Lossin

Im Irrenhaus / da sind die Irren drin

Literatur und »Wahnsinn« seit den 1970er Jahren

Was sind psychische Krankheiten? »Im Irrenhaus / da sind die Irren drin«: Heinar Kipphardts Roman »März« bildet auch das Zirkuläre und Hilflose vieler Erklärungsversuche ab. Krankheiten sind immer auch Produkte ihrer Zeit und der jeweiligen Denk- und Wahrnehmungsmuster; sie sind abhängig von der Wissensgesellschaft, in der sie sich bewegen.
Der vorliegende Band versammelt ganz unterschiedliche Perspektiven und zeigt, wie sich das Bild von ›Wahnsinn« und das Sprechen darüber verändert hat. Neben den im engeren Sinne medizinischen Krankheitsbildern, die als körperlich begründet gesehen und gemessen wurden, ordnen aktuelle medizingeschichtliche Arbeiten psychische Krankheiten wie Schizophrenie oder Borderline-Symptomatiken als Konstruktionen individueller Problemgeschichten ein. Diese Konstruktionen lassen sich in Literatur, bildender Kunst, im Film wiederfinden.
Kanonische Autoren zum Thema sind Hölderlin und Büchner, auch in der frühen Moderne finden sich einschlägige Werke (etwa von Benn). Nach der Epochenschwelle, die die Antipsychiatrie um 1970 gesetzt hat, wird die Frage nach dem Abweichenden in Texten bis hin zur Gegenwart verstärkt aufgegriffen, in fiktionalen wie in autobiografischen Werken: von Ernst Herbeck und Kipphardt, von Rainald Goetz, Christian Geissler, Eugen Egner und Jonathan Franzen bis hin zu Arno Geiger und Thomas Melle. Filmische Sichtweisen (Elisabeth Scharang) und Analysen von Videospiel-Narrationen ergänzen das Bild eines schwer zu fassenden Zusammenhangs.

»Darf ein Buch über Wahnsinn unterhaltsam sein? Der von Sven Hanuschek und Dorothee Lossin edierte Sammelband ist es jedenfalls, ein wissenschaftlicher page turner für all jene, die sich zum ersten Mal neugierig an das Verhältnis von Literatur und Medizin herantasten oder bereits seit geraumer Zeit selbst hierzu arbeiten.«

Hier geht es zur Rezension von Katharina Fürholzer

Katharina Fürholzer: An den Grenzen des Irrsinns. Sven Hanuschek und Dorothee Lossin treiben den Leser an den Rand von Literatur und Wahnsinn. Literaturkritik.de (2020)
  • ISBN: 978-3-86525-728-4
  • INterVENTIONEN – Künste und Wirklichkeiten
  • Schriften der Internationalen Heinar Kipphardt-Gesellschaft 06
  • 204 Seiten
  • Broschur
  • Am 05.12.2019 erschienen
  • Deutsch
Diese Website nutzt Cookies, um bestmögliche Funktionalität bieten zu können. Datenschutzhinweise
Verstanden