Im 18. Jahrhundert erfolgte die Vermittlung der Steuermannskunst, die in dieser Zeit durch neue Berechnungs- und Messverfahren anspruchsvoller wurde, auf unterschiedlichen Wegen – durch praktische Anleitung, theoretischen Unterricht und zunehmend auch über Handbücher. Während der aufklärerische Diskurs über die Verbesserung des Navigationsunterrichts insbesondere seitens der Gelehrten von wissenschaftlichem Fortschrittsoptimismus und die Begeisterung für gemeinen Nutzen durch Vernunftgebrauch getragen war, herrschte im Seefahrermileu neben hergebrachten Gewohnheiten eine tiefe Skepsis gegenüber Theorie und Technik. Wie konnte es unter diesen Umständen gelingen, theoretisches Wissen praxistauglich zu vermitteln?
Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts entstanden sieben gedruckte Navigationslehrbücher, die auf eine gründlichere Ausbildung von Seeleuten abzielten. Anhand dieser Texte rekonstruiert die vorliegende Untersuchung im Sinne einer historischen Praxeologie die Verschriftlichungsstrategien auf dem Gebiet der Steuermannskunst in Abgrenzung zu anderen Gattungen der maritimen Literatur mit lehrhaftem Zuschnitt. Dabei wird die ars navigatoria in einer Umbruchsphase zwischen Kunst, Handwerk und Wissenschaft an der Schwelle zur Moderne verortet. Zudem werden Entstehungs- und Wirkungszusammenhänge der Handbücher erschlossen, in denen akademische, volksaufklärerische und traditionalistische Kräfte aufeinandertreffen. Ausgehend von diesen Perspektiven geht es schließlich um die Frage, inwiefern hier Phänomene von ›maritimer Aufklärung‹ greifbar werden.