Ingo Leiß

»Looking through a glass onion…«

Quellenkritische, textgenetische und motivgeschichtliche Untersuchungen zu Arno Schmidts »Caliban über Setebos«

Wer sich schon einmal intensiver auf das Werk Arno Schmidts eingelassen hat, weiß es wohl: Der Protagonist der Erzählung »Caliban über Setebos«, ein Berufslyriker, der sich in die ländliche Provinz aufgemacht hat, um durch die Begegnung mit einer einst platonisch verehrten Jugendliebe seiner lahmenden Kreativität wieder aufzuhelfen, ist eigentlich auch ein moderner Orpheus, jener mythische Sänger, der seine Eurydike aus der Unterwelt befreien wollte. Allerdings scheuen viele trotz des markanten Themas eine Lektüre, weil dem Text der Ruf vorauseilt, er sei extrem anspielungsreich, verrätselt, labyrinthisch und hermetisch. Wenig hilfreich ist, dass sich die gängigen Interpretationen teilweise direkt widersprechen.
Der Verfasser der hier vorgelegten Untersuchungen versteht sich demgegenüber als Cicerone, der leserzugewandt durch die Erzählung führt. Einerseits will er die avancierte (Ver-)Schreibkunst des Autors sinnfällig machen, mit der dieser die divergentesten Stoffe und Materialien verwoben hat zu einem unerhört dichten und engmaschigen Motivgeflecht, andererseits liegt ein Akzent der Arbeit auch darauf, herauszuarbeiten, dass die desillusionierenden Erfahrungen, von denen der Ich-Erzähler berichtet, von unwiderstehlicher Komik sind.
Dazu werden die bisher noch kaum zu Deutungen herangezogenen entstehungsgeschichtlichen Quellen analysiert und zum endgültigen Text in Beziehung gesetzt. Vor allem aber erörtern essayartige Kapitel, auf welche Weise die Erzählung in Dialog tritt mit Theodor Storms »Immensee« und Thomas Manns »Der Tod in Venedig«. Damit weitet sich die Arbeit zur grundsätzlichen Fragestellung, inwieweit sich literaturwissenschaftliche Thesen verifizieren oder falsifizieren lassen.

  • ISBN: 978-3-98859-131-9
  • 288 Seiten
  • Hardcover
  • Am 12.06.2025 erschienen
  • Deutsch
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