Im Lobe liege mehr Zudringlichkeit als im Tadel, schrieb Friedrich Nietzsche. Dessen sollte sich bewusst sein, wer ein Buch mit »Gesammelten Lobreden« herausbringt. Jeder, der selber einmal Gegenstand einer Lobrede war, wird diese Erfahrung wahrscheinlich gemacht haben. Sie wird besonders spürbar, wenn das Lob dem Gegenstand nicht gerecht wird und das Wesentliche verfehlt. Wie aber angemessen loben? Wieviel Distanz ist nötig? Wieviel Nähe und Herzlichkeit ist erlaubt? Hanjo Kesting ist immer wieder in der Rolle des Lobredners aufgetreten, sie bot Gelegenheit, eine oft über lange Zeit hinweg entstandene Dankbarkeit abzutragen. Dankbarbeit für geistige Lehrstunden, künstlerische Eindrücke, Stunden hingerissener Lektüre und noch andere Wohltaten. In diesem Sinn stehen alle Lobreden des Bandes unter dem Goethe-Motto: »Mach’s einer nach und breche nicht den Hals«.
Hanjo Kesting
Hanjo Kesting, geb. 1943, von 1973–2006 Leiter der Hauptredaktion Kulturelles Wort beim Norddeutschen Rundfunk. – Zuletzt: »Bis der reitende Bote des Königs erscheint. Über Oper und Literatur«, Göttingen 2017. – »Erfahren, woher wir kommen. Große Erzählungen der Weltliteratur«, 3 Bde., Göttingen 2019. Zuletzt: »Abschiedsmusik. Nachrufe aus 20 Jahren (2000–2020)«, Hannover 2022. – »Schnee von gestern. Literaturkritische Streifzüge«, Hannover 2022. – »Thomas Mann. Glanz und Qual«, Göttingen 2023.