Regina Toepfer

Translationsanthropologie

Philologische Übersetzungsforschung als Kulturwissenschaft

Von der kulturwissenschaftlichen Wende der Germanistik wurden literarische Übersetzungen kaum erfasst; bis heute kommt ihnen im kulturellen System eine Sonderstellung zu. Obwohl Übersetzen stets mit subjektiven und kontextbezogenen Interpretationen verbunden ist, wurde frühneuzeitlichen Akteuren fehlende Vorlagentreue vorgeworfen.
Die Translationsanthropologie wertet Bedeutungsverschiebungen zwischen Ausgangs- und Zieltexten nicht mehr als ästhetisches Defizit, sondern als kulturellen Zugewinn. Dieser Band zeigt, wie philologische Vergleichsstudien auf Denkmuster, Wissensordnungen und Wertvorstellungen von Individuen und Gesellschaften der Frühen Neuzeit schließen lassen, wenn Übersetzungen als anthropologische Schlüsseltexte gelten.
Erprobt wird das hier entwickelte Modell anhand einer Analyse der ersten deutschen Homer-Übersetzung. Simon Schaidenreissers Odyssee bietet vielfältige Einblicke in soziale Normen, Ideale und Problemfelder des 16. Jahrhunderts. So werden bei der Inspirationsbitte und der Götterversammlung zentrale Vorstellungen von Poesie, Politik und Religion, von Moral, Männlichkeit und Familie sowie von Schuld, Unglück und Tod verhandelt.

Regina Toepfer

Regina Toepfer ist Inhaberin des Lehrstuhls für deutsche Philologie, Ältere Abteilung, an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg und Sprecherin des DFG-Schwerpunktprogramms 2130 Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Übersetzungsliteratur, Narratologie und Gender Studies.

  • ISBN: 978-3-86525-952-3
  • Neue Perspektiven der Frühneuzeitforschung 7
  • 1 Abbildung
  • 72 Seiten
  • Klappenbroschur
  • Am 22.04.2022 erschienen
  • Deutsch
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