Die Parodien des Wiener Vorstadttheaters im 19. Jahrhundert sind als theaterpraktische Texte anzusehen, die auf das Unterhaltungsbedürfnis einer Großstadt ausgerichtet waren. Begrenzte sich ihre Lektüre bisher auf die komische Bearbeitung einer prominenten Vorlage, so lassen sich an den Stücken die Produktionsbedingungen ihrer Autoren an den gewinnorientierten Privattheatern in sozioökonomischen Krisenzeiten aufzeigen. Nicht zuletzt durch die omnipräsente Geldmotivik wird ein sozialhistorischer Kontext zu den Finanzkrisen der Habsburgermonarchie evident, die zu einer Zerrüttung der Staatsfinanzen, einer Verschiebung der sozialen Schichten und einem Misstrauen in Währung und Papiergeld führten. In den publikumswirksamen Parodien deutet sich somit eine ‚theatrale Kommunikationsstrategie‘ an, durch die in Zeiten repressiver Kontrolle und Zensur die zeitgenössischen Lebensängste im Rahmen der Aufführungspraxis reflektiert werden konnten.
Das Buch umfasst eine Studie und die kritische Edition eines ausgewählten Textkorpus, das die an den Vorstadtbühnen parodierten Genres repräsentiert. Neben zweier Schiller-Parodien (Joseph Alois Gleich: Fiesko der Salamikrämer, Hermann Josef Herzenskron: Die Jungfrau von Wien) und einer Parodie auf Kotzebues Bühnenschlager Menschenhaß und Reue (Adolf Bäuerle: Der Leopoldstag, oder: Kein Menschenhaß und keine Reue) erfahren auch Ballett- und Opernparodien (Adolf Bäuerle: Der blöde Ritter, Karl Meisl: Julerl, die Putzmacherin, Fra Diavolo oder das Gasthaus auf der Strasse) eine eingehendere Betrachtung.