Nachrufe gehören zum Pflichtpensum des Journalisten, zur Forderung des Tages, so wie die Nachrichtenlage sie ihm abverlangt. Sie stehen unter dem Druck der Aktualität, müssen schnell geschrieben werden, meist in wenigen Stunden, zuweilen in noch kürzerer Frist. Aber die Erschütterung, die von einer Todesnachricht ausgeht, kann durch keinerlei Routine vorweggenommen werden. Man merkt es den Texten an, wenn die wichtigste Erfahrung darin fehlt: die Konfrontation mit dem realen Tod. Der vorliegende Band enthält siebenundsechzig Nachrufe aus dreißig Jahren journalistischer Arbeit Hanjo Kestings beim Norddeutschen Rundfunk. Zwei Voraussetzungen mussten in jedem einzelnen Fall zusammenkommen: der Anlaß einer Todesnachricht und eine Affinität zu den Verstorbenen. Zu ihnen gehören Maler, Schauspieler, Film- und Theaterregisseure, Wissenschaftler, Publizisten und Journalisten. Zwei Gruppen stehen im Vordergrund: Musiker (in unterschiedlichen Ausprägungen: als Komponisten, Dirigenten, Interpreten) und Schriftsteller. So entspricht es einer beruflichen Praxis, in der die beiden Stränge Literatur und Musik – aus Neigung und Notwendigkeit – niemals säuberlich geschieden waren. Nicht zuletzt bahnt diese Sammlung von Nachrufen einen Weg durch die Kulturgeschichte des 20. Jahrhunderts. Hanjo Kesting, geb. 1943, seit 1973 Leiter der Redaktion »Kulturelles Wort« beim Norddeutschen Rundfunk. Zuletzt: »Thomas und Heinrich Mann«, Göttingen 2003; »Simenon. Essay«, Hannover-Laatzen 2003.
Hanjo Kesting
Hanjo Kesting, geb. 1943, von 1973–2006 Leiter der Hauptredaktion Kulturelles Wort beim Norddeutschen Rundfunk. – Zuletzt: »Bis der reitende Bote des Königs erscheint. Über Oper und Literatur«, Göttingen 2017. – »Erfahren, woher wir kommen. Große Erzählungen der Weltliteratur«, 3 Bde., Göttingen 2019. Zuletzt: »Abschiedsmusik. Nachrufe aus 20 Jahren (2000–2020)«, Hannover 2022. – »Schnee von gestern. Literaturkritische Streifzüge«, Hannover 2022. – »Thomas Mann. Glanz und Qual«, Göttingen 2023.