Theodor Storm
Hrsg. von Walter Zimorski

Ein Doppelgänger

Eine gesellschaftskritische Novelle. Kommentierte Studienausgabe

In dramatischen Novellenszenen erzählt Theodor Storm in seiner gesellschaftskritischen Novelle Ein Doppelgänger (1886) – zum ersten und einzigen Mal in seiner Novellistik – den konfliktreichen Lebenslauf eines vorbestraften, meist arbeitslosen Landarbeiters, der – sozial deklassiert und gesellschaftlich geächtet – mit seiner Familie in Armut und Not gerät, schließlich ins Elend und in den Tod stürzt: »Immer feindlicher stand ihm die Welt entgegen; wo er sie ansprach, wo er ihrer bedurfte, immer hörte er den Vorwurf seiner jungen Schande«.
Arbeitswillig und integrationsbereit, scheitert die problematische Resozialisierung des Zuchthäuslers John Hansen alias John »Glückstadt« nicht nur an gesellschaftlichen und sozialen Normen, die letztlich die dramatisch inszenierten Konflikte seines Ehelebens verursachen. Während er seine geliebte Ehefrau durch einen eskalierten Gewaltausbruch tödlich verletzt, erlebt seine einzige Tochter ein unverhofft glückliches Bürgerleben, das jedoch ambivalente Erinnerungen an die Armut und Not ihrer Eltern und an ihr zwiespältiges Vaterbild konfrontieren: »Nachdem dieser John von Rechtes wegen seine Strafe abgebüßt hatte, wurde er, wie gebräuchlich, der lieben Mitwelt zur Hetzjagd überlassen. Und sie hat ihn nun auch zu Tode gehetzt; denn sie ist ohn Erbarmen.«
Neben dem Novellentext bietet diese Edition einen durch ausgewählte historische Abbildungen begleiteten Kommentar, insbesondere Einblicke in die ungewöhnliche Entstehungs- und Publikationsgeschichte sowie facettenreiche Quellendokumente und Interpretationsmaterialien. Die sinnbildlichen Schauplätze Jena, Glückstadt und Husum werden als symbolische Stadtlandschaften, als kontrastreiche Landschaftsregionen anschaulich dargestellt. Eine strukturierte Bibliografie ergänzt den vielfältigen literaturhistorischen Kommentar.

In his socially critical novella Ein Doppelgänger (1886), Theodor Storm narrates in dramatic novella scenes - for the first and only time in his novella writing - the conflict-ridden life of a mostly unemployed farm labourer with a criminal record. This man, socially declassed and ostracised, suffers hardship and poverty together with his family, and finally plunges into misery and death: "The world was increasingly hostile to him; wherever he addressed it, wherever he needed it, he always heard the reproach of his young disgrace".
Willing to work and to integrate, the problematic resocialisation of the prisoner John Hansen alias John "Glückstadt" fails not only because of the social norms which ultimately cause the dramatic conflicts of his married life. While he fatally injures his beloved wife in an escalating outbreak of violence, his only daughter lives an unexpectedly happy middle-class life, which, however, is confronted with ambivalent memories of the poverty and hardship of her parents and with her ambiguous image of her father: "When this John had served his sentence by law, he was, as is customary, left to be hunted down by his dear fellow humans. And they have now hounded him to death; for they are without mercy".
In addition to the text of the novella, this edition offers a commentary accompanied by selected historical illustrations. It offers insights into the unusual history of the creation and publication of this novella, as well as multifaceted source documents and interpretation materials. The towns of Jena, Glückstadt, and Husum with their emblematic settings are vividly depicted as symbolic cityscapes, as landscape regions which are rich in contrast. A structured bibliography complements this rich historical and literary commentary.

  • ISBN: 978-3-86525-880-9
  • Edition Wehrhahn 33
  • 7 Abbildungen
  • 184 Seiten
  • Broschur
  • Am 05.07.2021 erschienen
  • Deutsch
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