Der 1791 anonym erschienene und wohl von Johann George Scheffner, einem Königsberger Beamten und engen Freund von Kant, verfaßte Kurzroman Ernst und Minette gehört zu den bedeutenden Texten der deutschsprachigen erotischen Literatur des späten 18. Jahrhunderts. Denn auf der einen Seite schildert er das sexuelle Begehren zwischen den beiden Protagonisten auf eine für seine Zeit sehr explizite Art, flankiert von mindestens ebenso eindeutigen Kupferstichen. Im Gegensatz zu den meisten deutschen Erotika dieser Zeit, die oftmals Bearbeitungen oder freie Übersetzungen von französischen oder englischen Texten sind, gibt es für Scheffners Roman keine direkten Vorlagen.
Auf der anderen Seite aber erschöpft sich der Text nicht in einer bloßen Darstellung von erotischen Handlungen, sondern er spielt auch auf raffinierte und zugleich ironische Weise mit den Konventionen des Erotischen: indem er etwa das erotische Geschehen mit einer inszenierten Wissenschaftlichkeit in Verbindung bringt; dann zeitgenössische Argumente zur verführenden Kraft von Lektüre aushebelt; oder indem er schließlich den Leser auf seinen eigenen Voyeurismus zurückwirft.
Vorliegende Neuausgabe ediert den Roman erstmals zeichengetreu und mit allen Kupferstichen der inzwischen sehr seltenen Erstausgabe von 1791, ergänzt um einen Stellenkommentar und ein ausführliches Nachwort.